Eglofs - Freie Bauernstrasse/Flur 102:
Wir informieren über unsere zusammenfassende Stellungnahme, wie wir sie den Entscheidungsträgern der Gemeinde haben zukommen lassen.
Wir stellen danach unser ausführliches Hintergrundpapier, auf dem die Stellungnahme basiert, vor.
Am Schluss finden Sie das Antwortschreiben von Bürgermeister Sauter.
Argenbühler Runder Tisch
An die
Gemeindeverwaltung Argenbühl
Herrn Bürgermeister R. Sauter
Herrn Bauamtsleiter H.-P. Hege
n/ Gemeinderat Argenbühl-Eglofs, 21.05.2021Bitte von BM Sauter an den ART um Stellungnahme
Sehr geehrter Herr Sauter, sehr geehrter Herr Hege,
Ihrer Bitte entsprechend übermittelt Ihnen der ART seine
Stellungnahme zu Nutzungskonzepten
für die weitere Bebauung Freie Bauernstr./Flurst. 102 in Eglofs.
Dabei geht der ART von folgender Ausgangssituation aus:
Nach Teilveräußerung von ca. einem Drittel der Gesamtfläche des Flurstücks 102 an den Investor Fa. X. Deiss, Eglofs, wurde auf diesem Teil inzwischen ein Gebäude erstellt, in dessen Erdgeschoss ein Lebensmittelgeschäft der Fa. R. Kempter, Eisenharz, betrieben wird. In den darüber liegenden Stockwerken befinden sich Wohnungen, die der Investor derzeit zum Verkauf bzw. zur Vermietung auf dem freien Markt anbietet. Die Restfläche des Flurstückes ist nach Mitteilung von BM Sauter noch im Besitz der Gemeinde Argenbühl.
Eine vormals dargestellte Weiterbeplanung der Restfläche durch die Fa. Deiss wird von BM Sauter als 'Machbarkeitsstudie' bezeichnet, die den grundsätzlichen Beweis für eine Bebauungsfähigkeit der Fläche erbracht habe. Diese Planung sei aber inzwischen wieder verworfen worden. Zur Zeit sei diesbezüglich wieder alles offen. Man habe dort jetzt vor allem die Versorgung von älteren, gesundheitlich eingeschränkten und sozial schwächeren Mitbürgern im Auge.
So suche die Gemeinde derzeit
- im ersten Schritt nach einem geeigneten alters- und sozialgerechten Konzept für die einheimische Bevölkerung,
- im zweiten Schritt nach geeigneter baulicher Umsetzung dieses Konzeptes auf der Restfläche FBS/F 102.
BM Sauter wünscht dazu den "Input" des ART.
Stellungnahme des ART:
Die bisherige Vorgehensweise der Gemeinde lässt ein stringentes konzeptionelles Vorgehen vermissen.
Der inzwischen gesetzte Stand der Bebauung erschwert bzw. schränkt jede weitere Planung von vornherein ein.
Die dem ART in den bisherigen Gesprächen mit der Gemeindeverwaltung mitgeteilten Informationen sind nicht hinreichend und erlauben nur eine begrenzte Bearbeitung der Fragestellung.
Unter den gegebenen Voraussetzungen kommt der ART zum Ergebnis:
- Die Rücknahme einer EFH- Bebauung in diesem Bauareal war ohne Einschränkung richtig. Sie entspricht der Erfordernis verdichteten Bauens.
- Die Lage des Grundstückes im Kernbereich des Dorfes ist geeignet, an diesem Ort ein Konzept für die Versorgung älterer, gesundheitlich eingeschränkter und sozial schwächerer Mitbürger zu entwickeln.
- Der ART hält für Eglofs die organisatorische und bauliche Einrichtung von niedrigschwelligen Unterstützungsleistungen für sinnvoll und möglich. Solche Leistungen können allerdings nicht voll umfänglich durch freiwilliges bürgerliches Engagement erbracht werden. Sie müssen stets unter sichernder Betreuung der Zentralgemeinde bzw. einer anerkannten zentralen Versorgungseinrichtung stehen.
- Ein über einfache Versorgungsleistungen hinausgehender Betreuungsbedarf kann nur von bzw. in enger Abstimmung mit größeren und bewährten Versorgungseinrichtungen geleistet werden. Dies betrifft alle stationären, damit auch tagespflegerischen Erfordernisse, die der gesetzlichen Heimaufsicht unterliegen.
Die Ergebnisse der Investoren- bzw. Trägersuche des Ratzenrieder Vereins 'Alt werden in Ratzenried' können als richtungweisend auch für Eglofs angesehen werden.
- Die bauliche Umsetzung eines solchen Versorgungskonzeptes kann nicht erst im zweiten Schritt betrachtet werden. Sie muss bei allen Vorstellungen von Anfang an begleitend mitgedacht werden, da nur so Brüche zwischen organisatorischer und baulicher Umsetzung zu vermeiden sind.
- Die Gebäude- und Freiraumgestaltung sollte den Bezug zum Dorfkern - Haus Dent - Feuerwehrhaus - Hof Kleiner herstellen. Wir halten diese Bezugsachse für diejenige, die die Forderung nach Authentizität am besten erfüllt.
Unsere eingehende Abwägung dazu würden wir gern in gemeinsamen Beratungen in den Gestaltungsbeirat einbringen.
- Der ART fordert für alle Neubauten Klimaneutralität als Leitziel. Es sind lokale Baustoffe mit guter CO2-Bilanz zu bevorzugen.
- Die geplanten Bauten müssen barrierefrei sein. Alle Bauten müssen ein hohes Variabilitäts-Potential hinsichtlich Rück- und Umbau aufweisen, um für ein zukünftiges organisatorisches wie bauliches up- oder downgrading gewappnet zu sein.
- Der Kommunität der Bewohner muss baulich sowohl im Innenbereich als auch bei der Anlage der Freiflächen besondere Aufmerksamkeit zukommen.
- Die Gemeinde muss ihren Beitrag dazu leisten, dass die im Areal errichteten Gebäude und Einrichtungen der Spekulation des freien Marktes entzogen sind und bleiben.
Wir hoffen, dass unsere Stellungnahme der weiteren Diskussion, auf die wir uns freuen, förderlich ist.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Anton Kempter (Sprecher ART)
Anlage: Erweiterte Stellungnahme des ART zu Nutzungskonzepten für die Bebauung des Flurstücks Nr. 102 in Eglofs unter besonderer Berücksichtigung alters- und sozialgerechten Wohnraums, Argenbühl 14. Mai 2021
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Erweiterte Stellungnahme des ART zu Nutzungskonzepten für die Bebauung des Flurstücks Nr. 102 in Eglofs unter besonderer Berücksichtigung alters- und sozialgerechten Wohnraums, Argenbühl 14. Mai 2021
1. Ausgangssituation
2. Aufgabenstellung
3. Allgemeine Bedarfsanalyse
3.1 Alt werden in Argenbühl
3.2 Die Entstehung des Bedarfs
3.3 Eingrenzung auf Argenbühl
4. Zur Situation Flurstück 102
4.1 Ausgangslage
4.2 Probleme der bisherigen Planung
5. Vorschläge
5.1 Wohnformen fürs Älterwerden
5.2 Varianten
5.3 Energieversorgung und technische Anforderungen
6. Ausblick
Autoren:
Geiger, Hans-Peter;
Höhne-Kelch, Lothar;
Kelch, Anne;
Kempter, Anton;
Kempter, Otto;
Kornwachs, Irma;
Kornwachs, Klaus;
Koros, Christine;
Offinger, Richard;
Rochlitzer, Karl-Heinz.
1. Ausgangssituation
Auf dem Areal Flurstück 102, Freie Bauerstrasse, Eglofs waren ursprünglich drei Einfamilienhäuser geplant. Die nachfolgende Planung sah drei Mehrfamilienhäuser vor, darunter eines mit einem kleinen Lebensmittelmarkt. Nach Teilveräußerung von ca. einem Drittel der Gesamtfläche des Flurstücks 102 an den Investor Fa. Xaver Deiss, Eglofs, wurde mittlerweile ein Mehrfamilienhaus (Haus 1) mit Laden und eine Einfahrt zu einer Tiefgarage erstellt. Vorgesehen ist offensichtlich, dass die Tiefgarage auf alle weiteren Gebäude auf diesem Gelände ausgedehnt werden soll. Die Gestaltung des Parkplatzes vor dem Ladengeschäft (Haus 1) mit Vorplatz wurde am 1.8. 2020 öffentlich ausgeschrieben und mittlerweile angelegt, das Gelände dahinter ist zur Zeit noch mit Aushub belegt. Offen sind die Bauten Haus 2 und Haus 3 (Mehrfamilienhäuser) und ihre Position. Es liegt eine Planung von Architekturbüro Hirlemann/Fa. Deiss vor.
Das inzwischen erstellte Gebäude hat drei Stockwerke, mittlerweile im EG einen kleinen Supermarkt, der von Roland Kempter betrieben wird. In den darüber liegenden Stockwerken befinden sich Wohnungen, die der Investor derzeit zum Verkauf bzw. Vermietung auf dem freien Markt anbietet.
Das Grundstück des Laden- und Wohngebäudes befindet sich im Eigentum der Firma Deiss, die unbebauten Restflächen nach Mitteilung von BM Sauter noch im Eigentum der Gemeinde Argenbühl. Eine frühere Planung mit drei Mehrfamilienhäusern wurde von der Gemeinde so nicht mehr weiterverfolgt, da auf diesem zentralen Grundstück eine weitergehende Nutzung (Ladengeschäft und Seniorenwohnen) verwirklicht werden soll. Eine detaillierte Planung zur weiteren Bebauung gibt es bislang nicht, da zuvor eine Nutzungskonzeption für "Seniorenwohnen" entwickeln werden soll.
"Die Firma Deiss hat ohne unseren Auftrag eine grobe Gesamtkonzeption des Gebiets erstellt, um den mit dem Ladengebäude gebauten ersten Teil einer Tiefgarage konzipieren zu können. Dies war im Hinblick auf die Gesamtentwicklung des Grundstücks und der zeitlich vorgezogenen Realisierung des Wohn- und Ladengebäudes sinnvoll und richtig. Aus dem jetzt realisierten Gebäude ergibt sich als Vorgabe für die Weiterentwicklung auf dem Gesamtgrundstück die Weiterführung der jetzt realisierten Tiefgarage."
...
"Vor diesem Hintergrund hat die Gemeinde den Standpunkt, dass die weitere Entwicklung auf dem Grundstück mit einer verdichteten Bebauung einhergeht, wobei Art und Maß der Verdichtung in diesem Bereich natürlich im Kontext zur Lage in einem dörflichen Umfeld stehen. Gebäude in einer Größenordnung wie das derzeit realisierte Wohn- und Ladengebäude sind aus unserer Sicht in dieser Lage absolut verträglich. Da die Gemeinde hier nicht als Bauherr auftreten wird, gehen wir davon aus, dass solch ein Projekt über einen Investor/Bauträger verwirklicht wird. Konkrete Gespräche sind bislang noch nicht geführt worden." [1]
Gesucht wird derzeit also ein geeignetes alters- und sozialgerechtes Nutzungskonzept für die einheimische Bevölkerung für dieses Areal.
2. Aufgabenstellung
In einem ersten Gespräch der Gemeinde mit Vertretern des ART im Rathaus Eisenharz am 29. 6. 2020 bat die Gemeinde den ART, Vorstellungen zu einem Nutzungskonzept des Areals Flurstück 102 in Eglofs zu entwickeln und zwar unter besonderer Berücksichtigung der Frage, ob hier Einrichtungen für ältere Menschen geschaffen werden könnten. In einer Videokonferenz mit BM Sauter und Bauamtsleiter Hege mit dem ART am 15.4. 2021 wurde dieses Thema weiter vertieft.
Es wurden zwar keine Überlegungen zur baulichen Gestaltung gewünscht, der ART ist jedoch der Auffassung, dass man die Überlegungen zur Nutzung des Areals hinsichtlich altersgerechtem Wohnen nicht von baulichen Aspekten trennen kann.
Der ART sieht vielmehr eine enge Wechselwirkung zwischen Nutzungskonzept und Bebauungsmöglichkeit. Beides kann nicht unabhängig voneinander und zeitlich getrennt entwickelt werden. Denn sonst bestünde die Gefahr, dass man ein Nutzungskonzept entwickelt, das dann anschließend durch ökonomische Zwänge verzwergt oder standardisiert werden könnten.
Da für die Gemeinde die Verpflichtung besteht, für ältere Bürger entsprechende Wohnangebote zu machen, hält der ART die Absicht der Gemeinde, die bauliche Weiterentwicklung des Areals möglichst schnell und vollständig in Investorenhände zu übergeben, für bedenklich.
Zur Bearbeitung der Themenstellung hat der ART Gespräche geführt mit Bürgermeister Sauter und Bauamtsleiter Hege (s.o.), mit Gemeinderäten (10.2.2021), mit Vertretern der Landjugend (10.3.2021), mit dem Heimatbund (16.3.2021,) mit Vertretern des Vereins "Altwerden in Ratzenried" (30.4.2021) und mit Teilnehmern der ehemaligen Bürgertische "Alt werden in Argenbühl" (7.4.2021).
Letztere haben in ihrem Konzept bereits Bedingungen zusammengestellt wie:
- Aufzug und Barrierefreiheit
- Unterschiedliche Wohnungsgrößen
- Gemeinschaftsräume wie z.B. Bibliothek, Café,
- Gemeinsamer Garten (evtl. auch zur Bewirtschaftung)
- Raum für Betreuungsangebote (für ärztliche Betreuung, Spielmöglichkeiten)
- Garage für Carsharing-Fahrzeuge und E-Mobile
- Gästewohnung für Besuche von Freunden, Familienangehörigen und Enkelkindern
Da die Schaffung von derartigen Räumlichkeiten in dieser Lage für einen renditeorientierten Bauträger kaum lukrativ sein dürfte, werden diese Gesichtspunkte entweder entfallen, oder aber der öffentlichen Hand zufallen.
Gerade im Gespräch mit den Vertretern des Vereins "Altwerden in Ratzenried" wurde deutlich, dass ein betreutes Wohnen bei unterschiedlichen Pflegestufen ohne eine Übernahme durch einen Träger nicht realistisch ist. Es wurde deutlich, wie schwierig sich in Ratzenried die Suche nach einem geeigneten Bauträger bzw. Betreiber gestaltet. BM Sauter und weitere Gemeindemitglieder sind dort seit längerer Zeit intensiv in diesen Prozess eingebunden.[2] Zudem wurde das Architekturbüro Löffler in Ratzenried für eine Planung kostenpflichtig beauftragt.
Die in den bisherigen Gesprächen seitens der Gemeindeverwaltung dem ART mitgeteilten Informationen sind noch nicht ausreichend, um profunde und detaillierte Vorschläge zu erarbeiten. Zudem stehen dem ART keinerlei finanzielle Mittel zur Verfügung. Der ART legt daher v. a. prinzipielle Überlegungen zu einem Nutzungskonzept vor.
3. Allgemeine Bedarfsanalyse
3.1 Alt werden in Argenbühl
Basierend auf den Erkenntnissen aus 'Alt werden in Argenbühl' und der Erfahrungen des Vereins 'Alt werden in Ratzenried' sind aktuell höherschwellige Altenversorgungseinrichtungen in den Dörfern, ausgenommen Eisenharz, wohl kaum realisierbar. Altersheime und andere Formen stationärer Unterbringung bieten sich bei solchen vermuteten kleinen Bedarfszahlen nicht an. Hier muss wohl auch in Zukunft auf größere und damit effizient betriebene zentrale Einrichtungen in den Kleinstädten um Argenbühl herum oder ggf. eben am zentralen Ort Eisenharz zurückgegriffen werden. Diese Aussage bedarf allerdings noch einer weiteren Verifikation durch professionelle Pflegeeinrichtungen.
Davon ausgehend, dass Altwerden nicht erst mit dem Eintritt ins Rentenalter beginnt, muss eine kommunal gesteuerte Wohnraumpolitik auch Wohnraum für all jene Generationen vorsehen, die sich in jungen Jahren erstmals um eigenständig finanzierten Wohnraum (Miete oder Eigentum) bemühen. Dabei wird schnell augenfällig, dass der Wohnraumbedarf für junge Menschen vor dem Stadium der Familiengründung mit Kindern sehr ähnlich ist wie derjenige älterer Menschen, denen große Häuser mit Gärten altersbedingt über den Kopf wachsen. Genau für solche Fälle besteht aber in den meisten Ortsteilen der Gemeinde Argenbühl ein Wohnraumdefizit.
Unter Berücksichtigung der hier dargestellten Bedingungen und Quellen gibt es zwei Gesichtspunkte, die in Argenbühl bei der künftigen Bebauungsplanung besonders berücksichtigt werden sollten:
- Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, die einem älteren Ehepaar (ca. 65+) ein völlig selbstbestimmtes komfortables, aber hinsichtlich Haus- und Gartenpflege verantwortungsreduziertes Wohnen ermöglichen würden. Eine derartige Wohnung würde sich auch gleichermaßen als "Einstiegs-Wohnrauminvestition" für junge Paare eignen. Somit könnten in derartigen Wohnhäusern und -quartieren Jung und Alt zusammenfinden und sich vielleicht im täglichen Leben ergänzen. Für ältere Menschen, die lange fit bleiben, kann in derartigen Wohnungen auch mit niederschwelliger Pflege ein langer, unter Umständen sogar lebenslanger Verbleib in der Wohnung sichergestellt werden. Die Größe solcher Wohnungen sollte ca. 100 bis 120 qm betragen.
- Wohnungen, die jungen oder älteren "Singles" ein ebenfalls von den Verpflichtungen der Pflege eines ganzen EFH einschließlich Umgebung weitestgehend befreites, aber komfortables und vor allem finanziell leistbares Wohnen ermöglichen. Für Jüngere könnten Mietwohnungen ein Einstieg und Eigentumswohnungen ein Übergangsmodell sein. Gerade finanziell schwächere ältere Menschen könnten mit einer Größe von 50 bis 80 qm und einer Generationen-durchmischten Bewohnerstruktur eine altersgerechte und zugleich leistbare Alternative zu einem frühen Wechsel in ein (teures) Seniorenwohnheim erhalten.
Allen diese Wohnformen und -größen müssten selbstredend barrierefrei sein und eine Wahlmöglichkeit zwischen Mietwohnung oder Eigentumswohnung bieten. Die Wohnungen sollten so angeordnet werden, dass Begegnungen und gegenseitige Unterstützung begünstig werden.
Die wirtschaftlichen, organisatorischen und gestalterischen Vorteile eines Wohnquartiers sind hier in Betracht zu ziehen. Ein hoher Grad an baulicher Variabilität, also einfaches Um- bzw. Rückbauen, sollte von vorneherein berücksichtigt werden. Dies hat eine bautechnische Konsequenz, die schlagwortartig verkürzt lautet: Holz vor Beton!
Ergänzend dazu wäre es in Anbetracht der zunehmend älter werdenden Bevölkerung empfehlenswert, diese Wohnformen durch ein örtliches ehrenamtliches System der niederschwelligen Unterstützung für ältere Menschen zu ergänzen.
3. 2 Die Entstehung des Bedarfs
Den folgenden Überlegungen zum Bedarf liegen unter anderem die Erkenntnisse aus der im Jahr 2018 in Argenbühl durchgeführten Bürgerbefragung zu gewünschten Wohnformen im Alter zugrunde.[3] Weiterhin werden die Ergebnisse der Bürgertische herangezogen, die im Zeitraum von Ende 2017 bis Mitte 2018 in den Ortsteilen der Gemeinde Argenbühl u.a. zu altersgerechten Wohnformen durchgeführt wurden.[4] Weiterhin werden überregionale und nationale Erkenntnisse zum demografischen Wandel in Deutschland in den nächsten 30 Jahren berücksichtigt.
Derzeit leben rund 400.000 Pflegebedürftige in Baden-Württemberg. Bis 2050 könnte sich diese Zahl verdoppeln. Der Eigenanteil der Kosten für eine stationäre Pflegeeinrichtung bewegt sich derzeit bei ca. 2.400 Euro mit steigender Tendenz. Vorschläge der aktuellen Bundesregierung, diesen Kostenanteil signifikant zu reduzieren, sind sehr vage und werden voraussichtlich keine große Entlastung bringen. Viele Rentner und Rentnerinnen können sich schon heute die hohen Kosten für eine stationäre Pflege nicht leisten und streben deshalb eine ambulante Pflegeunterstützung bei gleichzeitigem Verbleib in der eigenen Wohnung an.
Der allgemeine Trend des Wohnens im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung mit bedarfsorientierter professioneller oder auch nicht-professioneller Unterstützung ist auch in Argenbühl zu beobachten. Die meisten in 2018 Befragten streben den Verbleib in der eigenen, oft über Jahrzehnte angestammten Wohnung an und gehen davon aus, dass Unterstützung bei Pflegebedarf gewährleistet werden kann. Dabei wird allerdings wenig über die Tatsache ausgesagt, dass viele der Wohnungen (zumeist EFH), die diese Menschen derzeit bewohnen, für ein angepasstes Wohnen im Alter zu groß sind. Einige Einwohner der Gemeinde können sich allerdings auch vorstellen, im Alter in eine kleinere Wohnung umzuziehen und dort Wohnformen zwischen weitestgehend selbstorganisiertem Leben bis zu einer mittleren Form der ambulanten Betreuung und Pflege in Anspruch zu nehmen.
Problematisch in diesem Zusammenhang ist die Ermittlung eines genauen Bedarfs hinsichtlich Anzahl der benötigten Wohnungen. Hier sollte deshalb die Gemeinde die Bedarfszahlen noch präzisieren. Gegebenenfalls sollte nochmals eine ortsinterne Befragung vorgenommen werden.
3.3 Eingrenzung auf Argenbühl
Die obige Abb. 1 zeigt zwei wesentliche Problembereiche der aktuellen Wohnraumsituation, wie sie sich auch in Argenbühl als Ergebnis der bisherigen Wohnpolitik darstellt
Abb. 1: Lebensphasen und Wohnraumbedarf typisch deutscher Familien (Skizze: Richard Offinger)
Auf der linken Seite wird mit dem rot schraffierten Bereich ein ständiges Wohnraumdefizit für junge Paare und Ehepaare mit oder ohne Kinder dargestellt, dem durch eine ständige Erschließung von Neubaugebieten begegnet wird. De facto wird dadurch aber die Situation im rechten Bereich der Kurve verschärft und fortgeschrieben; hier gibt es ein Defizit an altersgerechten, aber nach wie vor für ein selbstbestimmtes und zumeist selbstversorgendes Leben geeignetem Wohnraum. Dies führt wiederum dazu, dass die Menschen weit länger als altersgerecht in ihren oft zu großen Wohnräumen verweilen, anstatt in eine kleinere Einheit zu wechseln und so geeigneten bestehenden Wohnraum für nachfolgende Generationen frei zu machen. Eine Veränderung in diese Richtung käme in Deutschland einem Kulturwandel gleich, weil es in diesem Land noch keine etablierte Form der ständigen Wohnraumanpassung über die Zeit des Älterwerdens gibt.
Folglich kann auch für Argenbühl ein Defizit an solchem Wohnraum festgestellt werden, der für rüstige Ältere attraktiv genug wäre, dafür das über Jahrzehnte geschaffene und bewohnte Wohneigentum zu verlassen. Die bisherige Praxis, von Wohnflächen eines Einfamilienhauses auf 25 qm Zimmer im Altersheim altersbedingt zu migrieren, ist weder zeitgemäß, noch attraktiv und ist oft auch nicht nötig. Es fehlt aber der Zwischenschritt in Form entsprechender Wohnungsangebote. Dieses Defizit ist auch wahrscheinlich ein Grund dafür, dass sich in den Befragungen in Argenbühl so wenige Leute dafür interessierten, im rüstigen Alter ihre langjährig bewohnte Immobilie aufzugeben.[5] Es fehlt einfach die attraktive Alternative. Betrachtet man z. B. das Wohngebiet Fuchsbühl (alt) in Eglofs als eine - alles andere als repräsentative - Stichprobe, so gibt es auch hier eine nicht unerhebliche Anzahl von älteren Ehepaaren, die trotz der nicht benötigen Wohnfläche ihr gewohntes, an Herz gewachsene Wohnheim nicht verlassen möchten, aber eine umfassende Renovierung altersbedingt nicht in Betracht gezogen wird.
Andererseits scheint der Wunsch nach einem EFH auch in der jungen Generation ungebrochen hoch zu sein. Dies zeigen auch diverse Aussagen der jungen Generation, denen in naher oder mittlerer Zukunft der Bau eines eigenen Heimes vorschwebt. Dabei wurden seitens der Landjugend Bedenken geäußert, ob aufgrund des momentanen Baubooms bis in 10 - 15 Jahren, wenn sie dann "soweit" seien, noch genügend Bauplätze zur Verfügung ständen.
Andererseits werden aber auch junge Menschen durch den Mangel an Alternativen oft zu früh zur Beschaffung von zu großem Wohnraum angeregt; wenn z.B. in einem Neubaugebiet fast ausschließlich durch Einfamilienhäuser realisiert werden sollen. Somit ist durch die einseitige Konzentration auf den EFH-Bau gerade den jungen Menschen, die sich Wohneigentum aneignen, aber nicht zu früh zu große finanzielle Verpflichtungen eingehen möchten, nicht geholfen.
Anzumerken wäre noch, dass ausgewiesene Baugründe für Doppelhäuser in Eglofs und Eisenharz oft ein langes Wartedasein fristeten, da die Nachfrage entgegen sonstigen Bekundigungen von Seiten der Gemeinde doch sehr verhalten war. Die geplanten Reihenhäuser in Eglofs scheinen bisher noch kein reißendes Interesse zu finden.
4. Zur Situation Flurstück 102
4.1 Ausgangslage
Das erwähnte Projekt "Seniorenkonzept für Argenbühl" hatte in den Jahren 2017/18 eine Reihe von Vorschlägen entwickelt Wir fassen kursorisch hier die Punkte zusammen, die für die Konzeption einer Wohnform für ältere Bürgerinnen und Bürger in der Freien Bauerstrasse zu überlegen wären.
- In Eglofs gibt es seit dem Wegzug des Pflegeheimes beim Alten Sportplatz keine betreuten Wohnmöglichkeiten mehr. Die Einrichtung in Eisenharz kann das bisher im Wesentlichen kompensieren.
Es gibt die Vorstellung von einer Arbeitsteilung, nämlich, dass in Eisenharz die eher betreuungsintensiveren Menschen betreut würden, während bei der Wohnform in der Freien Bauernstrasse in Eglofs eine Mischbelegung anzudenken wäre, die in Zukunft maximal bis zu betreutem Wohnen reicht.
Wir können uns hier eher andere Abstufungen vorstellen, von selbständigem Wohnen mit Versorgung durch Essen auf Rädern oder anderweitig externen Diensten. Es wäre gut, wenn man belastbare Zahlen für den zu erwartenden Bedarf hätte.
- Alt werden bedeutet, dass Kommunikationsmöglichkeiten verloren gehen, die in gewisser Weise ersetzt werden müssen. Deshalb ist es wichtig, dass alte Menschen Kommunikationsmöglichkeiten untereinander als auch mit dem Dorf haben. Das bedeutet, dass man Treffpunkte schaffen muss, sowohl innerhalb der Anlage (z. B. multifunktioneller Gemeinschaftraum) wie außerhalb (Cafeteria in der Nähe oder im Haus, Park, Platz). Zu denken ist auch an Gemeinschaftsräume oder z.B. gemeinsame Werkstatteinrichtungen.
Die Forderung nach ruhiger Lage hat vielfach dazu geführt, Altenwohnheim am Rande von Siedlungen zu bauen. Da gibt es zwar vielleicht den Blick ins Grüne, aber der Kontakt zum Leben fehlt. Die Position in der Freien Bauernstrasse wäre hier nahe am Dorfkern und zu den Gaststätten demgegenüber eine gute Lage. Die Nähe zum Dorfkern und zur Versorgung sowie die Sicht auf die Straße und das "Leben" sind hier durchaus gegeben. Das Verkehrsaufkommen in der Freien Bauerstrasse ist allerdings tagsüber nicht unerheblich. Eine entsprechende Verkehrsberuhigung wäre deshalb erforderlich.
Alles in allem wäre die Lage des Grundstückes 102 im Kernbereich des Dorfes geeignet, an diesem Ort ein Konzept für die Versorgung gesundheitlich eingeschränkter und ggf. sozial schwächerer Mitbürger zu entwickeln.
4.2 Probleme der bisherigen Planung
Die Rücknahme einer EFH- Bebauung in diesem Bauareal war ohne Einschränkung richtig. Sie entspricht der Erfordernis verdichteten Bauens.
Es macht Sinn, dass die Gemeinde ihren besonderen Beitrag dazu leistet, die im Areal zu errichtenden Gebäude und Einrichtungen der Spekulation des freien Marktes zu entziehen.
Zunächst ist jedoch festzustellen, dass das schon gebaute Haus 1 durch seine Lage auf dem Grundstück die Gestaltbarkeit für künftige Bauten einschränkt. Diese Einschränkung wird sichtbar, wenn man versucht, weitere Gebäude "hinter" dem Haus 1 anzuordnen und die notwendigen Freiräume zu gestalten
Als erste Überlegung kann man sich die vom Büro Hirlemann angeordneten zwei Mehrfamilienhäuser vorstellen, die in unmittelbarere Nachbarschaft zum schon gebauten Haus 1 platziert sind. Dagegen sprechen eine Reihe von Gründen:
- Eine unveränderte Anpassung an die Vorgaben des neu erbauten Gebäudes 1 halten wir u. a. deshalb nicht für passend, weil es sich dabei um ein Geschäfts-Wohnhaus handelt, das im Kontext der umgebenden Altdorf-Bebauung einen gestalterischen Bruch darstellt. Befremdlich für Eglofs insbesondere das neu ins Dorfbild eingeführte Element gerundeter Balkonbrüstungen.
- Das Haus 3 (nördlich) "sieht" mit seiner Südfront schräg nach Westen direkt auf den Hinterhof des EDEKA-Ladens. Erfahrungsgemäß ergibt sich hier die Lagerung von Abfällen, Verpackungsmaterial sowie Be- und Entladeaktivitäten. Dies alles bedeutet eine Beeinträchtigung der Wohnqualität.
- Die Stellung von Haus 2 nimmt dem Haus 3 die Sicht nach Süden, Haus 3 dürfte unter der Verschattung durch Haus 2 und nach Südwesten am Abend durch Haus 1 beeinträchtigt werden. Zumindest muss man dies annehmen, wenn man die schon bestehende Höhe des Hauses 1 bedenkt.
- Ein Arrangement mit zwei eng aneinander stehenden Häusers 2 und 3 würde zu einem vergleichsweise stark verschatteten Hinterhof für den Platz zwischen den Häusern, der von Rückseite Haus 1, Südseite von Haus 3 und Nordseite von Haus 2 begrenzt wird, führen. So könnte notwendige Zufahrt zu Haus 3 und Haus 2 die Grünflächen so verringert, dass kein nennenswertes Grün mehr übrigbleibt.
- Höhen und Fassaden der geplanten Häuser sind in diesen Plänen in Anlehnung an Haus 1 vorprogrammiert. Die Gebäude in der Nachbarschaft sind jedoch traditionelle Bauten wie Hof Kleiner im Norden, das Schweizer Haus (Dent-Haus) an der Freien Bauernstrasse 2 (Flur Nr. 107), die einen modernistischen "städtebaulichen Akzent" nicht vertragen. Denn gerade beim Übergang zum Nachbargrundstück (Flur Nr. 107, Schweizer Haus muss u.E. ein grober Bruch vermieden werden.
Aus dieser Zusammenstellung folgt, dass jedes Gebäude, das im Osten des Hauses 1 zu stehen kommt, mit den oben genannten Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Dies stellt im Zusammenhang mit den folgenden Nutzungskonzepten eine besondere Herausforderung dar.
5. Vorschläge
Wir kommen insgesamt zum Ergebnis, dass die bauliche Gestaltung nicht erst im zweiten Schritt betrachtet werden kann. Sie muss bei allen Vorstellungen von Anfang an begleitend mitgedacht werden, da Brüche zwischen organisatorischen Vorstellungen und baulicher Umsetzung nur so zu vermeiden sind.
5.1 Wohnformen
Option 1:
Gehen wir von zwei neu zu schaffenden Gebäuden aus, so sehen wir dieMöglichkeit, in Anlehnung an Ortskern und Altbestand der Nachbarschaft ein dorfgemäß stimmiges Quartier mit passender Freiraumfunktion zu gestalten. Die architektonische Gebäude- und Freiraumgestaltung sollte den Bezug zum Dorfkern - Haus Dent - Feuerwehrhaus - Hof Kleiner herstellen. Wir halten diese Bezugsachse für diejenige, die die Forderung nach Authentizität am besten erfüllt.
Auch im Alter ist es wichtig, dass die Bindung nicht nur an die eigenen vier Wände stark ist, sondern auch an das gemeinsam geschätzte Wohnumfeld des Quartiers. Ein solches Quartier kann und soll hier Kommunität ermöglichen.
Option 2: Für den Bau einer Wohnform für ältere Bürgerinnen und Bürger liegt aber auch statt zweier Gebäude evtl. ein verbundenes oder durchgehendes Gebäude nahe. Die Architektur des Hotels Ellgass könnte hier durchaus Anregung geben.
5.2 Varianten
Variante A - Residenz: Apartments für ein oder zwei Personen mit entsprechender technischer Hilfseinrichtung (barrierefrei, Aufzug, Notfalleinrichtung, temporär bewirtschaftbare Gemeinschaftsräume (Cafeteria etc.), im Erdgeschoss Möglichkeit eines eigenen kleinen Gartens pro Apartment.
Variante B: Gemischte Wohnungen für ein oder zwei Personen oder kleine Familien (Kleinkind) sowie Apartments für betreutes Wohnen (s.o.). Diese gemischte Variante hat den Nachteil, dass nicht so viele Senioren eine Platz finden, hat aber den Vorteil einer Quartierbildung: Junge Familien können Alte betreuen, soziale Kontakte anbieten oder herstellen, ggf. leichte Pflege übernehmen, alte Bewohner könnten, je nach Fitness, Kinder betreuen. Gemeinschaftsbildung ist hier eher möglich. Erforderlich wäre eine Struktur, in der Begegnungen auch außerhalb der Wohnungen möglich sind (s. o.)
Variante C: Zu denken wäre auch an gemischte Wohngruppen Alt/Jung. Dies hätte entsprechende bauliche Anforderungen wie größere Wohneinheiten zur Folge. Hier müssten zuvor folgende Aspekte berücksichtigt werden:
- Kommunikationskonzept
- Betreuungskonzept
- Selbstbestimmungskonzept
- Sozialkonzept
Variante D - Pflegeheim: Kleine Apartments und / oder Zimmer mit mehr oder weniger umfangreichen Pflegemöglichkeiten, analog zu Eisenharz. Dies entspricht einer Erweiterung der vorhandenen Kapazitäten für diesen Bedarf, d.h. mehr vom Gleichen. Allerdings setzt eine Rundumpflege neben einer gewissen Mindestanzahl von Residenzbewohnern das Interesse eines professionellen Pflegedienstleisters voraus. Diese kritische Größe könnte u. U. durch die Platzvorgaben auf dem Gelände und damit der beschränkten Kubatur nicht erfüllt werden. Diese Variante, die hier lediglich der Vollständigkeit halber genannt wird, halten wir jedoch für wenig unwahrscheinlich. (sieh e oben)
Alle vier Varianten haben durch ihre Lage vor Ort folgende Vorteile resp. Gemeinsamkeiten:
- Dorfkernnahe Lage, damit wird die Gefahr der Anonymisierung und Vereinsamung verringert.
- Versorgung mit den lebensnotwendigen Gütern durch fußläufig gelegenen kleinen Supermarkt.
- Barrierefreier Zugang, auch über Tiefgarage wäre möglich.
- Mehrgenerationen wäre in der gemischten Variante möglich.
- Die Freie Bauerstrasse müsste ab Beginn Ortseinfahrt bereits ein Tempolimit von 30km/h aufweisen, ggf. Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung.
- Ein zufriedenstellendes Angebot an Begegnung, Wohnen und Dienstleistung ist möglich.
- Die nächste Bushaltestelle ist fußläufig in wenigen Minuten zu erreichen.
- Ggf. ist an auch Wohnungsmöglichkeiten für Pflegekräfte zu denken.
- Denkbar ist auch, dass zur Unterstützung der Altenarbeit eine Kontaktstelle in einem der Gebäude (Kümmerer-Büro, Beratung, Fahrdienst etc.) eingerichtet wird.
Zu den Optionen gehört auch die Diskussion, ob man die Errichtung einer solchen Wohnanlage einem Investor und danach einem Betreiber überlassen sollte oder ob man vorzieht, dass Investor und Betreiber zusammenfallen. Bei der Variante D (Pflegeheim), die jedoch unwahrscheinlich ist, wäre dies naheliegend. Bei den anderen Varianten wäre auch an eine Bürgerinitiative, einen Verein resp. eine Genossenschaft oder vergleichbare Strukturen zu denken. Dies hätte auch den Vorteil, dass bei einer Beteiligung der Gemeinde an solch genossenschaftlichen Modellen sowohl eine Mitsprache der Genossenschaftsmitglieder wie auch z.B. der Gemeinde möglich wäre.
Für die Variante C wären zu einer Realisierung Bedingungen zu erfüllen, die sich aus andernorts mit ähnlichen Projekten gemachten Erfahrungen ergeben haben:
- Die Gemeinde stellt den Baugrund unentgeltlich oder durch Erbpacht zur Verfügung.
- Bürgerschaft und Vereine engagieren sich bei der Entwicklung und nach Kräften auch am Bau des Projektes (Gemeinschaftsleistung nach dem Vorbild des Dorfstadels).[6]
- Investoren (also Bauträger und Betreiber) sollten nicht auf wirtschaftlichen Gewinn ausgerichtet sein. Die Möglichkeit der Gründung eines Trägervereins / einer Genossenschaft / einer Stiftung ist zu prüfen mit dem Ziel, Wohnangebote für bestimmte Klientelgruppen (junge Singles, junge Paare mit und ohne Kinder, junge Familien, Rentnerpaare oder Rentnersingles) für deren auf die entsprechenden Lebensabschnitte passenden, also zeitlich befristeten Bedürfnisse zu schaffen.
- Die Vermietung könnte z.B. durch den Trägerverein nach klaren Kriterien und leistbaren Kosten zeitlich befristet erfolgen. Ein Erwerb der Wohnungen wäre daher nicht möglich. Sie blieben im Besitz des Trägervereins.
Der ART hält grundsätzlich für Eglofs das organisatorische und bauliche Angebot für niedrige Unterstützungsleistungen für möglich. Solche Leistungen können allerdings nicht voll umfänglich durch freiwilliges bürgerliches Engagement erbracht werden. Sie müssen stets unter sichernder Betreuung der Zentralgemeinde bzw. einer anerkannten zentralen Versorgungseinrichtung stehen.
Ein über einfache Hilfeleistungen hinausgehender Betreuungsbedarf sollte nur von bzw. in enger Abstimmung mit erfahrenen und bewährten Versorgungseinrichtungen geleistet werden. Dies betrifft alle stationären, wohl auch tagespflegerischen Erfordernisse. Die Ergebnisse der Investoren- bzw. Trägersuche des Ratzenrieder Vereins "Alt werden in Ratzenried" werden evtl. richtungweisend auch für Eglofs sein.
5.3 Energieversorgung und technische Anforderungen
- Der ART fordert für alle Neubauten Klimaneutralität. Fossile Energieträger sind zu meiden. Sie müssen dem noch zu entwickelnden Klimaleitbild der Gemeinde Argenbühl genügen. Es sind lokale Baustoffe mit guter CO2-Bilanz zu bevorzugen, d.h. konkret, es ist viel Holz zu verbauen!
- Die Energieversorgung des Quartiers wurde bisher nicht erwähnt. Mit welchem Energiekonzept arbeitet Haus 1, könnte es eine gemeinsame Energieversorgung geben oder ist bereits alles schon festgelegt?
- Die Anforderungen an die technische Gestaltung der altengerechten, barrierefreien Wohnung (vom Ein-Zimmer bis zur Drei Zimmer Wohnung) sind z. B. im Seniorenkonzept 2017/18 bereits ausführlich diskutiert (z. B. S. 139 ff.).
- Auf eine adäquate Innenhofgestaltung mit genügender Grünfläche und Kommunikationsmöglichkeiten sollte besonders geachtet werden.
- Die Gebäudegestaltung muss den wechselnden Erfordernissen von Gemeinschafts- und Rückzugsbedürfnis Rechnung tragen.
- Die geplanten Bauten müssen barrierefrei sein (einschl. Fahrstuhl aus der Tiefgarage). Alle Bauten müssen ein hohes Variabilitäts-Potential hinsichtlich Rück- und Umbau aufweisen, um für ein zukünftiges up- wie downgrading gewappnet zu sein. Kommunität muss auch baulich gefördert werden.
6. Ausblick
Vermehrte Schaffung von Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern mit besonderer Betonung auf gemeinsam nutzbaren Außenbereichen werden immer wichtiger. Alle Wohnungen müssten in Zukunft barrierefrei gebaut werden, um auch stets älteren Menschen die problemlose Nutzung zu ermöglichen. Dabei sollten sowohl Miet- wie auch Eigentumswohnungen verfügbar sein.
Für das Flurstück 102 der Gemarkung Eglofs wird daher empfohlen, ein MFH mit größeren Wohnungen (ca. 120 qm) und ein MFH mit kleineren Wohnungen nach o.g. Kriterien zu realisieren bzw. ein Verbundgebäude zu errichten, das dann beide Wohnungstypen umfasst.
Abgesehen vom Bedarf nach solchen Wohnungen ist die Frage zu stellen, wie groß diese Wohnungen werden können. Das Spektrum würde von Single-Wohnungen über Wohnungen für Ein-Kind Familie bis hin für ältere Paare reichen. Auch hier ergibt sich die Frage nach einer Baugenossenschaft oder dem Modell von Baufamilien als Alternative zu einem Investor.
Es empfiehlt sich in jedem Fall neben der frühzeitigen Einschaltung des GBR ein Planungswettbewerb, der von der Gemeinde finanziert wird.
[1] Schreiben von H. Hege vom 18.9.2020 an Karl-Heinz Rochlitzer per E-Mail.
[2] BM Sauter ist im Vorstand des Vereins in Ratzenried.
[3] Rischard, Pablo: "Älter werden in Argenbühl" - Ergebnisse der Bürgerbefragung. Präsentation, AGP Sozialforschung, Freiburg 8. 6. 2018, 123 Seiten.
[4] Beck, Peter; Pertl, Ulrike; Gärtner, Sarah; Arnold, Silke: Seniorenkonzeption 2017/18 "Alt werden in Argenbühl" - Dokumentation und Handlungsempfehlungen. Argenbühl 2018.
[5] Um die tatsächlichen Gründe für das Desinteresse zu eruieren, wäre eine genauere Fragestellung in der Umfrage erforderlich.
[6] Beispiele wären: Die Osterwaldgenossenschaft stellt das Holz zur Verfügung, ansässige Firmen führen die Betonarbeiten und Holzarbeiten zum Selbstkostenpreis aus. Jugendliche und Handwerker aus den Vereinen leisten freiwillig Eigenarbeit. Die Bauleitung und Koordination werden von geeigneten Personen aus der Gemeinde und einem Architekten (evtl. durch die Gemeinde finanziert) übernommen.
Antwortschreiben von BM Sauter als Download: